Martin Pfister ist Gesundheitsdirektor des Kantons Zug, ehemaliger Präsident der höheren Fachschule für Naturheilverfahren und Homöopathie hfnh und mit dem Ehepaar Jus befreundet.
Er hielt diese Rede anlässlich der Trauerfeier für Dr. Jus am 21. Juni 2019 im SHI Haus der Homöopathie.
Wenn jemand stirbt und sich dann die Hinterbliebenen zum Gedenken treffen - wie wir es heute tun - so drückt die Zusammensetzung der Trauergemeinde in besonderer Weise das aus, was die verstorbene Person im Leben tat, darstellte und wirkte. Wir, die trauernden Hinterbliebenen sind gewissermassen die Summe dessen, was nach dem Tod eines Menschen zurückbleibt.
Das Leben eines Menschen ist vielschichtig und die Schichten eines Menschen sind nicht alle in gleicher Weise miteinander verbunden. Heute trauern Familienmitglieder um ihren Vater und Partner, Freundinnen und Freunde um ihren Freund, Schülerinnen und Schüler um ihren Lehrer, Homöopathinnen und Homöopathen um ihren inspirierenden Kollegen und Patientinnen und Patienten um ihren Arzt.
Die heutige Zusammenkunft zum Gedenken an Mohinder Jus ist deshalb einmalig; und ich glaube, er hätte Freude daran.
Mohinder Jus war, wie wohl nicht alle gleichermassen wissen, in Zug auch eine öffentliche Person. Ich möchte als Zuger Gesundheitsdirektor und ehemaliger Präsident der Höheren Fachschule für Homöopathie und Naturheilverfahren hfnh das Leben von Mohinder Jus als öffentliche Person würdigen. Wohl war er als Vortragsredner und Gast an Kongressen auf der ganzen Welt eine Persönlichkeit von internationaler Ausstrahlung. Das war vielen Zugerinnen und Zugern aber kaum bekannt.
Mohinder Jus war in Zug eine öffentliche Person, weil man ihn vielerorts kannte, gerne mit ihm sprach und fasziniert von ihm war. Dies traf auch auf Menschen zu, die nicht direkt mit der Homöopathie und der SHI verbunden sind. Er ging auf die Leute zu, suchte den Kontakt und die Begegnung. Er hielt sich gerne dort auf, wo es fröhlich zu und her ging. Bedeutsam aus kantonaler und nationaler Sicht ist sein hartnäckiges und ausdauerndes öffentliches Wirken als Förderer und Forderer einer öffentlichen Anerkennung von alternativmedizinischen Berufsabschlüssen. Damit einher ging ein Qualitätssprung in der Ausbildung, den er mit seiner SHI beispielhaft umsetzte. Sein grosses Ziel einer Homöopathie-Ausbildung auf Hochschulniveau, wie er es von Indien her kannte, blieb ihm zwar verwehrt. Aber die Lehrgänge zum Homöopathen, zur Homöopathin hfnh wurden in der Schweiz zum Mass für alle.
Zusammen mit der Paramed in Baar, und mit tatkräftiger Unterstützung der kantonalen Behörden in der Gesundheits- und in der Volkswirtschaftsdirektion, aber auch der Bundesbehörden wurde 2004 die Höhere Fachschule für Naturheilverfahren und Homöopathie hfnh gegründet. Der erste vierjährige Lehrgang auf HF-Niveau begann an der SHI bereits 2003. Das war ein Meilenstein, denn damit wurden erstmals in der Schweiz alternativmedizinische Ausbildungsabschlüsse staatlich anerkannt.
An der Gründungsversammlung bezeichnete der damalige Gesundheitsdirektor Joachim Eder die hfnh - trotz "Zangengeburt" - als "Wunschkind" der Zuger Berufsbildung. Die Naturheilkunde und Komplementärmedizin berücksichtige - ich zitiere - "den Menschen als eine Ganzheit von Leib, Seele, Geist, Raum und Zeit und behandelt nicht nur seine Krankheiten." Der aufmerksame Zuhörer erkennt den Einfluss des Meisters auf diese Worte.
Der Leiter des damaligen Bundesamts für Berufsbildung und Technologie ergänzte den Gesundheitsdirektor mit folgenden Worten: "Der Kanton Zug und die Initianten der Fachschule leisten hier Pionierarbeit und wir sind in Bern froh darum. […] Sie setzen mit dieser Ausbildung einen […] Standard und Sie können überzeugt sein, er wird beachtet werden". Und weiter: "Pioniere werden beobachtet und sie haben eine nicht immer einfache Aufgabe. Zu dieser Aufgabe wünschen wir Ihnen den nötigen langen Atem und eine zähe Beharrlichkeit."
Er hatte Recht. Das von Mohinder Jus mit langem Atem und zäher Beharrlichkeit geprägte Zuger Pionierprojekt wurde beachtet und beobachtet. Es löste in der Branche Bewunderung, aber auch Ängste und Widerstände aus. So setzte sich in der schweizerischen Anerkennung der alternativmedizinischen Lehrgänge Jahre später schliesslich nicht das Zuger HFModell durch, sondern das eigentlich für Gesundheitsberufe weniger geeignete HFP-Modell. Immerhin stellen aber auch die heutige höhere Fachprüfung und die Lehrgänge auf dem Weg dazu wesentlich höhere Ansprüche an die Absolventinnen und Absolventen der Schulen als früher. Das ist wesentlich dem Druck von Mohinder Jus zu verdanken. Allein dies dürfen wir als Wert nicht unterschätzen.
Die Entwicklung von Mohinders berufspolitischer Vision war für ihn zwar mit vielen Enttäuschungen verbunden. Ich bin jedoch überzeugt, dass er mit seiner Frau Martine und ihren vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern die wesentlichen Impulse für eine qualitativ hochstehende Ausbildung von Alternativmedizinern und Homöopathen in der Schweiz gegeben hat. Und wer weiss, wohin der Weg noch führt?!
Der Kanton Zug ist Mohinder Jus zu grossem Dank verpflichtet. Er hinterlässt nicht nur ein beeindruckendes Werk als Arzt, Autor und Lehrer. Er hat auch einen wesentlichen Beitrag zur Qualität der Ausbildung, zur Anerkennung der alternativmedizinischen Berufe, zur Patientensicherheit und damit auch Akzeptanz der Homöopathie in der Medizin und in der Öffentlichkeit geleistet.
Mohinder, ich werde dich als Menschenfreund, als persönlichen Freund und als öffentliche Person in Zug vermissen. Vielen Dank für alles, was du uns gegeben und für uns geleistet hast.